30. Prozesstag

November 14, 2007

14. November 2007  //  9.00  –  11.30

„Wenn du dort mal sitzt als Einsatzführer, dann bitte ich dich doch um bedeutend mehr Aufmerksamkeit.“

Streifeneinsatzführer äußert Zweifel am richtigen Handeln des Angeklagten  //  Verteidiger Teuchtler gibt für seinen Mandanten eine Erklärung ab


Der 30. Prozesstag beginnt zunächst damit, dass der Vorsitzende Richter Manfred Steinhoff die Zeugen Sandra Ka., Peter Kn. und Sirko Fr. belehrt. Dann werden die Beamte Kn. und Fr. gebeten, den Verhandlungsraum zu verlassen und die Zeugenvernehmung des heutigen Tages beginnt mit der Polizeiobermeisterin (POM´in) Sandra Ka..
Die 32-jährige POM´in Sandra Ka. sei am 07. Januar 2005 im Bereich der Verkehrsermittlung von 6 bis 14 Uhr tätig gewesen. Ihr Dienstzimmer 122 würde sich über dem Gewahrsam zur Straße befinden. Über eine Gewahrsamnahme im Lauf des 07. Januar 2005 habe die Zeugin Ka. nichts mitbekommen. Gegen 12.00 Uhr, als der Brand in Zelle Fünf ausgebrochen sei, wäre die 32-jährige Beamtin in ihrem Dienstzimmer gewesen. „Die Tür war geschlossen.“, so die Zeugin auf eine entsprechende Frage des Richters. Ferner führt sie aus, dass sie sich ihren Dienstraum mit dem Kollegen Sei. teilen würde.Etwa 12 Uhr soll der Kollege Schr. ins Zimmer der Befragten gekommen sein und die Kollegen dazu angehalten haben, die Brandschutztüren zu schließen, weil es brennen würde. „Zunächst haben wir das nicht geglaubt, weil der Kollege Schr. öfter mal einen Spaß macht.“, so die Beamtin heute im Zeugenstand. „Voller schwarzer Qualm“, beschreibt die Zeugin ihre folgenden Wahrnehmungen der Situation im Treppenbereich. Kurz darauf habe sie Sirenen gehört, sei dann unverzüglich ins gegenüberliegende Zimmer gegangen und habe dort aus dem Fenster schauend die Feuerwehr auf den Hof des Reviers vorfahren sehen. Sie erinnert sich heute daran, den Beamten Mö. rußverschmiert und hustend auf dem Hof wahrgenommen zu haben. An die Anwesenheit des damaligen Revierleiters Gerald Ko. könne sie sich heute nicht mehr erinnern. Sie und ihr Kollege seien dann in ihr Zimmer zurück gekehrt. Gegen 12.30 Uhr wäre der Revierleiter Ko. mit dem Ziel zu ihnen ins Zimmer gekommen, die Schlüssel für den Notausgang des Gewahrsamstrakts, sowie für die Türen zur Straße und zum Hof zu bekommen, um diese zum Lüften öffnen zu können. Diese Schlüssel würden aber nicht in ihrem Büro lagern, weshalb sie auf den Hausmeister verwiesen habe.

Oberstaatsanwalt Christian Preissner hakt noch einmal nach und will wissen, ob die Brandschutztür am Ende ihres Flures verschlossen gewesen sei, was die Befragte verneint. Die drei Türen, Notausgang des Gewahrsamstraktes, Türen zur Straße und zum Hof, seien immer verschlossen, konkretisiert sie auf eine entsprechende Frage. Keiner der Beamten verfüge über einen Schlüssel. Die Nebenklagevertreter haben an diese Zeugin keinerlei Fragen. Der Verteidiger des Hauptangeklagten Andreas S., Atilla Teuchtler, möchte von der Zeugin einzig wissen, ob der Flur des Reviers gerade oder gebogen verläuft. „Gebogen“, bestätigt sie, man könne aber den gesamten Flur entlang schauen, wenn man einen Schritt aus der Bürotür heraus tritt.Nach etwa zehn Minuten betritt der zweite Zeuge des heutigen Tages, der 50-jährige Polizeihauptmeister Peter Kn. den Zeugenstand. „Ja, war im Dienst.“, so der Kriminalpolizist auf die entsprechende Frage des Vorsitzenden Steinhoff. Gegen 12.00 Uhr habe er in der Abteilung Kriminaldienst im Dachgeschoss Mittag gemacht. Nachdem Rettungswagen und Feuerwehr mit Blaulicht auf den Hof gefahren wären, haben er und seine Kollegen mitbekommen, dass da was los sei. Sie haben aus dem Fenster geschaut und einige Personen auf dem Hof wahrgenommen. Konkret erinnern könne er sich lediglich an den Revierleiter Ko. und den Leiter Revierkriminaldienst Hanno S.. Feierabend an diesem Tag habe er etwa 14.30 Uhr gemacht, bis dahin sei er in seinem Büro geblieben.Auf eine entsprechende Frage des Oberstaatsanwalt Preissner gibt der Beamte Kn. an, mit dem Angeklagten S. einige Monate nach den Ereignissen des 07. Januar 2005 in einer Kaufhalle ein kurzes Gespräch geführt zu haben. „Definitiv nicht über die Sache selbst“, so der Zeuge zum Inhalt dieses Gesprächs. Mit Hans-Ulrich M. und Beate H. habe er „über dieses Geschehnis nie“ gesprochen, so der 50-jährige. Weitere Fragen an diesen Zeugen hat heute niemand.

Als dritter Zeuge betritt der 40-jährige Sirko Fr. den Verhandlungsraum. Er sei am Todestag Oury Jallohs im Dienst gewesen, sein Büro befinde sich im dritten Obergeschoss des Polizeireviers Dessau, rechts vom Fahrstuhl. Er sei befasst mit Aufgaben des Revierkriminaldienstes als „Ausländersachbearbeiter“, wie er zu Protokoll gab. Kurz nach 12.00 Uhr habe eine Kollegin zu ihm gesagt: „Es brennt im Flur.“, „Es war mächtig verqualmt im Flur.“, erinnert sich der Zeuge heute. Aus dem Fenster seines Dienstzimmers schauend, habe er die Feuerwehr und den Rettungswagen sowie Personen auf dem Hof wahrgenommen. Auf eine entsprechende Frage des Vorsitzenden gibt der Zeuge zu Protokoll, den Leiter des Revierkriminaldienstes Herrn Hanno S. gesehen zu haben. Weitere Personen habe der Zeuge nicht bewusst wahrgenommen, gibt er auf die Frage nach anderen Personen, die sich auf dem Hof befunden hätten, an.

Laut seinen Bezeugungen habe sich der Kriminalobermeister ausschließlich mit dem Angeklagten Andreas S. über sein persönliches Befinden nach den Ereignissen, die zu Tode Oury Jallohs führten, unterhalten. Das sei bei dem Angeklagten S. zu Hause gewesen, als Sirko Fr. dienstlich dort gewesen sei, weil dessen Haus einmal beschmiert worden sei.

Ferner führt der Zeuge aus, dass im Kollegenkreis die Frage, wie es zu diesem Zellenbrand kommen konnte einmal in einer Kaffeerunde diskutiert worden sei.

Ob Sirko Fr. den Angeklagten Hans-Ulrich M. auf dem Hof gesehen habe, will Nebenklagevertreterin Regina Götz wissen, was der Befragte verneint und angibt, diesen erst „beim nach Hause gehen“ getroffen zu haben.

Die Informationsquellen seiner Kollegen seien seiner Erkenntnisse nach, die Hausmitteilungen, das Intranet und das Internet.

Rechtsanwalt Felix Isensee will noch mal näheres zum Aufgabengebiet des Beamten wissen. Dieser konkretisiert auf: „Ausländergeschichten“ und sei u.a. mit Dokumentenfeststellungen befasst. Am 07. Januar 2005 habe er erfahren, das „ein Ausländer“, der Frauen belästigt haben soll und alkoholisiert gewesen wäre, sich im Gewahrsam befinde. Im Reviergeschehen zu diesem Sachstand sei er aber in keiner Weise involviert gewesen.

Als vierter Zeuge des heutigen Prozesstages wird der 47-jährige Beamte Hagen Wi. zunächst von Richter Manfred Steinhoff befragt. Am 07. Januar 2005 sei der Zeuge Wi. gegen 13.00 Uhr auf der Wache zum Dienst erschienen. Wie er heute zu Protokoll gibt, sei er zum damaligen Zeitpunkt Streifeneinsatzführer gewesen.

Beim Betreten des Reviers über den Haupteingang in der Wolfgangstrasse habe der Zeuge Wi. Rauch wahrgenommen. „Es ist ein Unglücksfall passiert.“, habe die Pförtnerin Annette F. (mehr dazu hier…) gemeint und ihn darüber informiert, dass ein Mensch im Gewahrsam durch Feuer zu Tode gekommen sei. Wi. sei dann unverzüglich über die Treppe in den DGL-Bereich gegangen. Im Vorraum zum DGL-Zimmer habe er Frau Bo. und Frau Schi. bewusst wahrgenommen und sich mit Frau Bo unterhalten. Über was er sich mit Frau Bo. im diesem Moment unterhalten habe, wisse er nicht mehr. Ob die Leitstelle besetzt war, könne der Beamte heute nicht mehr sagen. Aus einem Fenster des DGL-Bereichs schauend habe der Befragte mehrere Personen auf dem Hof gesehen, wobei er den Angeklagten Andreas S. erkannt habe. „Wie eine Art Bienenschwarm, alles war aufgescheucht, nichts war normal in dieser Situation.“, beschreibt Wi. heute seinen Eindruck.

Gegen 13.30 Uhr habe der Beamte Wi. mit Beate H. die Dienstübergabe besprochen und das Übergabegespräch mit der Frage an Beate H. begonnen: „Ob es was normales gibt?“ Beate H. hätte in diesem Gespräch auf ihn „völlig zerschlagen, völlig aufgelöst“ gewirkt, als habe sie „eine Keule auf den Kopf“ bekommen. Permanent soll sie über ein „Wasserplätschern“ erzählt haben, was sie aus der Zelle Fünf wahrgenommen haben will; welches sich, wie Beate H. weiter gesagt haben soll, als Feuer herausstellte. Ferner habe Beate H. bzgl. des Brandmelders ihm gegenüber geäußert: „Andreas hat den aus gestellt, wegen Telefonaten.“

Hagen Wi. sei zum Zeitpunkt des Brandgeschehens offiziell vier Monate auf dem Posten gewesen. Während seines Dienstes sei es niemals zum Auslösen des Brandmelders gekommen. Richter Steinhoff kommt auf das DGL-Pult zu sprechen. „Wie man den Ton unterdrückt, wurde mir mitgeteilt.“, so der Befragte auf die entsprechende Frage und „Springt nach kurzer Zeit wieder an.“, so der 47-jährige weiter dazu. Nun bittet Richter Steinhoff den Zeugen und die Prozessbeteiligten zwecks Betrachtung einer Abbildung des DGL-Pultes zum Richtertisch. Während der Inaugenscheinnahme am Richtertisch gibt der Beamte dahingehend befragt zu Protokoll: „Ich möchte das nicht als Einweisung im Sinne einer Einweisung mit Unterschrift bezeichnen, mehr eine Erklärung.“

Nach der Dienstübergabe zwischen Andreas S. und dem Dienstgruppenleiter Eck. habe der Angeklagte S. Hagen Wi. vertraulich angesprochen und soll kurz die Ereignisse des 7. Januar 2005 dargestellt haben. „Ich weis nicht, was da passiert ist. Ich weiß nicht, warum das passiert ist?“ und „Ich weiß nicht, warum mir so etwas passieren muss.“, habe Andreas S. zu Wi. sinngemäß gemeint. Laut Aktenvorhalt aus der polizeilichen Vernehmung vom 27. September 2007 soll der Angeklagte S. im Gespräch gegenüber den 47-jährigen Wi. gesagt haben: „Warum habe ich nicht eher reagiert, warum bin ich nicht eher losgelaufen, hätte ich dieses Scheiß Telefonat gelassen.“ „Ist dieser Satz so gefallen?“, will Steinhoff wissen. Hagen Wi: „Ja, solche Worte sind gefallen.“ Und auf Nachhaken weiter; „Das war nicht vor sich hergemurmelt, nicht im Eigengespräch, sondernim direkten Gespräch“ zum ihm (Hagen Wi. Anm. d. Red.). Die Frage, welches Telefonat der Angeklagte S. meine, habe sich Hagen Wi. nicht gestellt. Steinhoff verliest erneut aus der Akte: „Warum habe ich mich durch die Telefonat ablenken lassen?“ und will wissen, ob damit ein oder mehrere Telefonate gemeint seien. Nach Einschätzung des Zeugen muss es sich dabei um mehrere Telefonate gehandelt haben, denn so Wi.: „Von einem Telefonat lässt man sich nicht von einer Brandmeldeanlage ablenken – deshalb ‚dieTelefonate’.“ Der Befragte Wi. gibt zu Protokoll, dass der Angeklagte S. ihm noch am selben Tag erzählt habe, dass der DGL Andras S. Mö´s „Tür aufriss, ihn anbrüllte und mit Mö. runter in den Keller rannte.“ Dem Zeugen Wi. gegenüber habe Andreas S. nicht erwähnt, erneut in den DGL-Bereich gekommen zu sein. Auch von einem Telefonat des Angeklagten Dienstgruppenleiters aus der Hauswache wisse er nichts. Der Angeklagte S. habe Hagen Wi. gegenüber geäußert; „Es sind ihm Flammen entgegen geschlagen und starker Rauch, der an der Decke schwebte.“ Wi. weiter hierzu: „Und irgendwas war noch mit ‚Decke holen’.“

Richter Steinhoff übergibt sein Fragerecht an Oberstaatsanwalt Preissner. Dienstlich kenne Hagen Wi. den Angeklagten S. seit 1992 und habe zu ihm ein vertrautes aber kein privates Verhältnis. In der Anrede sei die Du- Form üblich. Zwischen den Ereignissen des 07. Januar 2005 und der polizeilichen Vernehmung vom 27.09.2007 habe er keinerlei Kontakt zu S. gehabt. Im weiteren Verlauf merkt der Zeuge ungefragt an: „Ich denke es wäre mir nicht passiert, weil ich einfach schneller reagiert hätte. Es wäre mir scheiß egal gewesen, was da ein Vorgesetzter oder sonst wer gesagt hätte, ich wäre da sofort runtergestürzt, spätestens wenn ich da ein Plätschern gehört hätte.“

Wie Beate H. und Andreas S. jeweils auf Stress reagieren, will Preissner von Hagen Wi. wissen. Während Beate H. „viel und schnell redet“, sich aber gleichzeitig auf eine Art zurückziehe, statt Schritt für Schritt vorzugehen, würde Andreas S. lange brauchen, um sich in gegebenenfalls stressigen Situationen aus der Ruhe bringen zu lassen. Wi. hierzu : „S. lässt sich nicht die Butter vom Brot nehmen.“

Es folgte die Frage ob Wi. die Zellenordnung kenne, ob ihm die Räumlichkeiten bekannt seien. Zur Fixierung in Zelle Fünf von Oberstaatsanwalt Preissner befragt, gibt der Beamte Wi. zu Protokoll, dass man normale Hand- und Fußfesseln benutzt habe. Während man die Fußfesseln beim DGL holen müsse, habe man die Handfesseln „am Mann“. Sollten die Handfesseln einmal „verbraucht“ sein, könne sich der Beamte die vom DGL oder vom Streifeneinsatzführer nehmen. Zu den Fußfesseln führt er weiter aus, dass sich der Schlüssel für diese in einem Blechschrank, welcher die Größe eines Medikamentenschränkchens habe und sich rechts hinter der Tür an der Wand im DGL-Bereich befinde. In dem Blechschränkchen würden sich neben dem Schlüssel für die Fußfessel weitere Schlüssel befinden, die durch Nummern beschriftet sind. Die Nummernliste würde sich im Blechschränkchen befinden. Nach anlegen der Fußfessel würde der Schlüssel auf dem Gewahrsamsbuch, welches sich auf einem Schränkchen im DGL-Raum befindet, abgelegt werden. „Das war eine Üblichkeit.“, so Hagen Wi. zu dieser Handhabung.

Ob sich in der Zelle ein Wasseranschluss befinden würde, will Oberstaatsanwalt Preissner nun wissen. Dies wird vom Zeugen verneint. Zur Beschaffenheit der Zelle führt Wi. an dieser Stelle aus, dass sich zwar eine toilettenähnliche Vorrichtung in den Zellen befinden würde, es jedoch keine Möglichkeit gäbe, die Spülvorrichtung innerhalb der Zelle zu betätigen.

Nun beginnt die Nebenklagevertreterin Regina Götz die Befragung des 47-jährigen Beamten Hagen Wi. Neben dem Angeklagten S. , Kö. , und Ko. wären „noch eine Menge Personen auf dem Hof gewesen“ zu denen er aber „kein Gesicht“ habe. Die Feuerwehr habe er ebenfalls auf dem Hof gesehen.

Wenn Beamte eine Fußfessel benötigen würden, können diese aus einem Aktenschrank im Vorzimmer des DGL- Zimmers entnommen werden, in diesem würden sich auch die Funkgeräte befinden.

Nach dem Fall Mario Bichtemann von Regina Götz befragt, gibt der Beamte zu Protokoll, ihm sei bekannt, dass Bichtemann auch in Zelle Fünf verstorben sei und S. an diesem Tag Dienst gehabt habe. Einzelheiten zu den näheren Todesumständen Mario Bichtemanns wisse er nicht.

„Hätte ich eher reagiert, warum bin ich nicht eher runter, hätte ich nicht die Telefonate geführt.“ so Rechtsanwalt Felix Isensee vorhaltend aus der Zeugenvernehmung des 47-jährigen Beamten Hagen Wi. vom 27.09.07 und will wissen, was er aus der Aussage des Angeklagten S. ableiten würde. „Das er einfach zu langsam reagiert habe“, so die Antwort Hagen Wi.´s und ferner bestätigte er, dass Andreas S. solche Äußerungen ihm gegenüber sowohl am Todestag Oury Jallohs, wie auch nochmals einige Zeit danach getätigt habe.

Auf eine entsprechende Frage des Nebenklagevertreters gibt der Zeuge an, das der Leiter des Reviereinsatzdienstes Heiko Kö. zu ihm gesagt habe: „Wenn du dort mal sitzt als Einsatzführer, dann bitte ich dich doch um bedeutend mehr Aufmerksamkeit.“ Kö. hätte damit ein Fehlverhalten des Angeklagten S. zum Ausdruck bringen wollen, meint der Wi. auf eine Frage Klinggräff´s.

Zur Frage Isensees bzgl. Belastender Aussagen von Beate H. gegen Andreas S., meint der Zeuge, dass dieses Gerücht durch das Polizeirevier ging, der Inhalt der Aussagen aber nicht bekannt gewesen sei. Es wäre „kurzzeitig“ Thema unter den Kollegen gewesen und später „soll Beate wieder alles umgeworfen haben.“, so Wi. weiter. „Sie lief wie ein Gespenst durch das Revier.“, und sei sehr in sich gekehrt gewesen, „mindestens ein bis anderthalb Jahre“ nach den Geschehnissen des 07. Januar 2005, so der Befragte.

Der Verteidiger des Angeklagten Andreas S. will zunächst mehr über die Arbeitsteilung zwischen Dienstgruppenleiter und Streifeneinsatzführer vom Zeugen wissen. Während der DGL die Gesamtübersicht und die Endentscheidung habe, führe der Streifeneinsatzführer das Journal und nehme alle Telefonate einschließlich der Notrufe entgegen, so der 47-jährige heute im Zeugenstand.

Wie viele Telefonapparate sich im DGL-Zimmer überhaupt befinden würden, will der Verteidiger dann wissen. „Sechs“, so die Antwort Wi.`s zu Teuchtlers Erstaunen. Wenn zwei Telefonate gleichzeitig ankommen würden, erfolgt die Abarbeitung dieser zwischen DGL und Streifeneinsatzführer arbeitsteilig.

Teuchtler teilt dem Prozessbeteiligten aus der Akte mit, dass über den Apparat 1 bis 12.09 Uhr kein Notruf eingegangen sei. Ferner führt der Verteidiger aus, dass alle öffentlichen Anrufe über die Vermittlung zum DGL-Zimmer erfolgen, sofern diese besetzt sei.

„Das ist ein Ereignis, was im Leben eines Polizisten hängen bleibt.“, so die Antwort von Hagen Wi. auf Zweifel hinsichtlich der Detailgenauigkeit der Zeugenaussage vom 27. September 2007, die ja zwei Jahr und neun Monate nach dem Feuertod von Oury Jalloh stattgefunden haben soll. Letztlich will Atilla Teuchtler wissen, warum der Zeuge sich, bei solch schwerwiegenden Aussagen gegen seinen Mandanten, nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt zu einer Vernehmung gemeldet habe. „Ich habe nicht erwartet, dass meine Aussage so wichtig sei. Es waren ja schon so viele Zeugen geladen.“, so Hagen Wi. abschließend.

Abschließend gibt Rechtsanwalt Teuchtler einer Erklärung für seinen Mandanten bezüglich des Telefonats mit Kö., dass Andreas S. aus der Wache geführt haben will, ab. Nach den Aussagen der Zeugen Bö. und Mö. sowie der Zeugin F. sei sich der Angeklagte S. nicht mehr sicher, ob er das Telefonat mit Kö. aus der Hauswache oder dem DGL-Bereich geführt habe. „Er will sich gegenwärtig nicht mehr festlegen.“, so Teuchtler dazu. Der Richter hierzu: „Der Sinn des Telefonats könnte dann ein anderer gewesen sein.“ Der Angeklagte Andreas S. fügt an: „Ich weiß das ich definitiv mit Herrn Kö. telefoniert habe, das weiß ich hundertprozentig.“

Prozessbeobachtergruppe: www.prozessouryjalloh.de