52. Prozesstag

Oktober 7, 2008

07. Oktober 2008 // 9.00 – 11.50 Uhr

„Hätte der Versuch nicht erbracht, dass es möglich gewesen wäre, hätten wir uns ernsthaft die Frage stellen müssen: `Gab es da ein Tun Dritter?`“.

Kriminalhauptmeister wird zu neuem Bewegungsgutachten befragt

„Ich denke, dass wir uns eher dem Ende nähern.“

„Vom Programm her haben wir erst einmal Herr Fa.“, beginnt der Vorsitzende Richter Manfred Steinhoff den 52. Prozesstag in der Hauptverhandlung um den Feuertod Oury Jallohs. Außerdem kündigt er zu Beginn an, über den Antrag der Nebenklage, ein zusätzliches medizinisches Gutachten in das Verfahren einzuführen, entscheiden zu wollen: „Da sind wir nicht so begeistert.“ Zu weiteren Terminierung weitere Prozesstage sagt Steinhoff zudem: „Ich denke, dass wir uns eher dem Ende nähern.“

„Das Problem ist: da ist nicht soviel. Der bewegt sich ein bisschen und das war`s.“

Zunächst steht ein neuerlich vom Gericht in Auftrag gegebener Bewegungsversuch im Mittelpunkt des Verhandlungstages. Der Kammervorsitzende äußert, dass sich die Ergebnisse kaum vom ersten Versuch im Jahr 2005 unterscheiden würden: „Das Problem ist: da ist nicht soviel. Der bewegt sich ein bisschen und das war`s.“ Die Ergebnisse des ersten Bewegungsversuches, der  in zeitlicher Nähe zum Brand in der Gewahrsamszelle durchgeführt worden sei, würden sich in den Akten befinden, so Steinhoff. Ein Video das diese Nachstellung dokumentiere, zeige zudem einen weiteren Versuch, in dem eine Testperson den Weg vom DGL-Raum (wo sich die Brandmeldeanlage befindet; Anm. d. Red.) in die Zelle abschreite und die Ermittler die Zeit gestoppt hätten. Zudem möchte das Gericht nochmals Tatortfotos in Augenschein nehmen.

„Das war mit relativen einfachen und schnellen Handbewegungen möglich.“

„Wir haben im Februar 2005 einige Dinge nachgestellt und mit Kleidungsstücken einen Bewegungsversuch gemacht.“, beginnt der 43jährige Kriminalhauptmeister Ingo Fa. aus dem Polizeirevier Stendal seine Aussage. Mit insgesamt 3 verschiedenen Hosen hätten sie damals den Versuch durchgeführt und er habe als Versuchsperson dabei auch versucht, im fixierten Zustand ein Feuerzeug aus unterschiedlichen Hosentaschen zu nehmen. Zum Zeitmessversuch gibt Fa. an, dass  sie diesen in „3 Phasen“  umgesetzt hätten. Zunächst habe sich der Tester im „normalen Gang“ vom DGL-Raum in die Zelle begeben, dann nochmals im „schnellen Gehen“ und schließlich im „zügigen Laufen“. Außerdem hätten sie in den jeweiligen Versuchsabläufen jeweils eine Pause berücksichtigt, in der das Ansprechen eines Kollegen mit der Bitte ihn in den Zelletrakt zu begleiten, zeitlich simuliert worden sei. „Das war mit relativen einfachen und schnellen Handbewegungen möglich.“, sagt Fa. zum Teilergebnis des Bewegungsversuches, mit einem Feuerzeug den Matratzenüberzug zu beschädigen und schließlich das Schaumstofffüllmaterial in Brand zu setzen.

„Jetzt wird das Feuerzeug trotz Fixierung aus der Unterbekleidung hervorgeholt.

Schließlich wird der 36-minütige Videofilm, der den Bewegungsversuch und die Zeitmessung zeigt, im Gerichtsaal vorgeführt und Fa. kommentiert seine Handlungen und die eines Kollegen. Zunächst zeigt das Video, die darin verwendeten Hosen. Eine dunkelblaue Worker-Hose mit zahlreichen aufgesetzten Taschen. Eine klassische Latzträgerarbeitshose (Blaumann; Anm. d. Red.) und eine handelsübliche Jeanshose. In dem Film ist auch zu sehen, an welche Position innerhalb der Hosentaschen ein eingeführtes Feuerzeug sich befinden würde. „Die Fixierungen wurden nicht verändert, die sind nach den Ereignissen so geblieben.“, kommentiert der Zeuge eine Sequenz, die die Matratze in der Zelle zeigt und zudem die verwendeten Hand- und Fußfesseln. Er gibt weiter an, dass die Matratze die in den Bewegungsversuchen verwendet worden seien, ausgesonderte Exemplare gewesen wären, die zum Zeitpunkt der Nachstellungen nicht mehr von der Polizei verwendet worden wären: „Hier sollte nur verdeutlicht werden, welche baugleichen Matratzen bei der Polizei verwendet werden.“ Beim Versuch, so Fa. weiter, habe man ein handelsübliches Gasfeuerzeug eingesetzt. „Ich nehme dieses Feuerzeug jetzt an den Körper und verstecke es seitlich in der Unterhose.“, sagt er zu einer entsprechenden Passage des Doku-Videos. Der Film zeigt dann, wie Fa. als Versuchsperson an Händen und Füßen fixiert wird. „Jetzt wird das Feuerzeug trotz Fixierung aus der Unterbekleidung hervorgeholt.“, kommentiert der Beamte die nachfolgende  Szene. Das Video zeigt dann, wie Fa. nachdem er das Feuerzeug aus den Untertrikotagen geholt hat, dieses betätigt und die Flamme über die Matratzenoberfläche gleiten lässt: „Um den Handlungsspielraum auf der Matratze mit dem Feuerzeug einmal zu verdeutlichen.“

„Das Wiederanziehen der Hose gestaltete sich schwierig, dass war eigentlich gar nicht möglich.“

„Das Wiederanziehen der Hose gestaltete sich schwierig, dass war eigentlich gar nicht möglich.“, sagt der Zeuge zu seinem Versuch, das Bekleidungsstück zu zuknöpfen.  Jetzt zeigt der Film zunächst die Lage des Feuerzeuges in unterschiedlichsten Taschen der Worker-Hose und die Versuche der Testperson, jeweils im fixierten Zustand das Feuerzeug aus den Taschen zu holen. „Das Feuerzeug liegt also im unteren Drittel der Tasche, dass ist also problemlos möglich.“, sagt er zum geglückten Versuch, dass Feuerzeug aus einer aufgesetzten Tasche herauszunehmen. Aus der Zollstocktasche der Worker-Hose, auch das zeigt der Film, dauert das Herausholen des Feuerzeuges länger ist jedoch ebenso möglich. Auch aus der Gesäßtasche, so zeigt es das Video, kann ein Gefesselter das Feuerzeug entnehmen.

„Hier sollte demonstriert werden das es auch möglich ist, unter die Matte in einen gewissen Teilbereich zu greifen.“

Schließlich demonstriert Fa. im Versuch die Bewegungsmöglichkeiten eines Delinquenten auf der Matratze. Eine Sequenz zeigt, dass er sich aufsetzen kann und bis zur Knielinie von der Auflage rutschen kann. Außerdem ist zu sehen, wie Fa. sich auf beide Oberschenkel die Hand auflegt. Auch Handberührungen im Gesichts- und Stirnbereich sind demnach möglich. „Hier sollte demonstriert werden das es auch möglich ist, unter die Matte in einen gewissen Teilbereich zu greifen.“, kommentiert der Beamte eine Szene, in der das Feuerzeug unter die Matratze geschoben wird und Fa. dieses bis zu 20 cm tief (das zeigt ein angelegter Gliedermaßstab an; Anm. d. Red.) erreichen kann. Allerdings sei eine Anhebung der gesamten Matratze im gefesselten Zustand wohl kaum vorstellbar.

Im zweiten Teil des Bewegungsversuches hat die Testperson Ingo Fa. die blaue Arbeitshose übergestreift. Der Film zeigt, dass eine Entnahme aus der so genannten Zollstocktasche auch hier problemlos möglich ist. Im dritten Teil des Versuchsablaufes ist die handelsübliche Jeanshose an der Reihe. Zunächst stellt Fa. hier das Öffnen eines Gürtels nach und demonstriert danach die Entnahme des Feuerzeuges aus der Unterhose.

„Das war für den Kameramann schwierig, da noch zu folgen.“

Nach 26 Minuten Laufzeit zeigt das Video nun den Zeitmessversuch. „Dazu haben wir eine Stoppuhr verwendet.“, so der Zeuge dazu. Man habe das Auflaufen des Alarms simuliert und gleichzeitig die Uhr gestartet. Das Video zeigt nun, wie die Testperson  nach Ausbruch des Alarmes zunächst an die Brandmeldeanlage im DGL-Raum herantritt, dann den Raum verlässt, auf dem Flur für einige Sekunden kurz anhält um einen weiteren Kollegen anzusprechen und schließlich das Treppenhaus erreicht. Vor dem  Zellentrakt angekommen, öffnet der Tester dann die Tür zum Gewahrsamsbereich, um abschließend die Tür zur Zelle Fünf aufzuschließen, zu entriegeln und an das Podest mit der fixierten Person heranzutreten. Die Stoppuhr zeigt für diese erste Phase des Versuches, bei dem der Proband in einem normalen Schritttempo die aufgezählten Abläufe absolviert, 1:20 Minuten. „Beim zweiten Versuch hatten wir den selben Versuchsablauf, nur im zügigen Gang.“, so Fa. Die Uhr bleibt diesmal bei 53 Sekunden stehen. Im dritten Versuchsdurchgang absolviert die Testperson die Abläufe im Laufschritt. „Das war für den Kameramann schwierig, da noch zu folgen.“, kommentiert der Zeuge. Nach 36 Sekunden, so zeigt es die abgebildete Stoppuhr im Video, ist die Zellentür geöffnet.

„Das was auf der Ecke der Matte möglich war, ist auch auf jedem anderen Punkt möglich.“

Nach dem Zeitmessversuch findet sich auf dem Video noch eine Sequenz die verdeutlichen soll ob und wie es möglich gewesen sein könne, mit einem Feuerzeug die Matratze in der Zelle in Brand zu setzten. „Das ist so einfach nicht möglich.“, sagt Fa. zu diesen Testergebnissen. Schließlich müsse man erst thermisch den Matratzenüberzug beschädigen, dann mechanisch die entstandene Öffnung erweitern um schließlich den Füllstoff in Brand setzen zu können. „Das was auf der Ecke der Matte möglich war, ist auch auf jedem anderen Punkt möglich.“, kommentiert der Zeuge die entsprechende Sequenz. Die zeigt, dass schon nach wenigen Sekunden nach Einwirkung durch die Feuerzeugflamme der Überzug geschmolzen ist und nach einer Erweiterung der Öffnung der Schaumstoff zum Vorschein kommt. Nach Einschätzung des Zeugen sei es im Nahtbereich der Matratze schwieriger, weil die Nähte doppelt vernäht seien.

„Hier ist also die vernebelte Zelle, da ist überhaupt nichts zu sehen. Es geht da jemand rein und kann nur noch tasten. Die Sicht ist Null.“, sagt er zur nachgestellten Verqualmung der Zelle.

„Es ist emotional ein unangenehmes Gefühl. Man bekommt schon Angst.“

Oberstaatsanwalt Christian Preissner möchte vom Zeugen Fa. wissen, wie er an die Matratzen gelangt sei, die er für die Versuche verwendet habe. Dieser antwortet, dass er sich dafür mit dem technischen Polizeiamt in Verbindung gesetzt habe. Dieses habe ihm schließlich die Matratzen beschafft. Der Beamte bestätigt auf Nachfrage, dass die in den ersten Versuche verwendete Matratze länger gewesen wäre als die, die am 07. Januar 2007 in der Zelle 5 verbrannt sei. „Das ist eine gute Frage. Die kann ich nicht genau beantworten.“, sagt Fa. zur Frage, ob er diesen Längenunterschied quantifizieren könne.  „Das haben wir so nicht nachgestellt.“, äußert sich der Zeuge zur Frage, ob die Testperson beim Zeitmessversuch den Alarm nach dem Ausdrücken nochmals gehört habe. Man wäre bei der Versuchsanordnung vom „ordnungsgemäßen Normalbetrieb“ ausgegangen. Außerdem sei dieser Versuch während des regulären Dienstbetriebes im Polizeirevier Dessau durchgeführt worden. Absperrungen oder direkten Ansprachen an die Kollegen habe es nicht gegeben.  „Der Bewegungsverlauf war ihm vorgegeben.“, sagt er zum Handeln der Testperson. Diese sei vorher eingewiesen wurden und habe vor dem Versuch auch die Räumlichkeiten in Augenschein genommen. „Ein sinnvoller Handlungsablauf bei vernebelter Zelle war nicht möglich.“, bestätigt Fa. nochmals. Gerade der Nebelversuch in der Zelle habe ihm stark mitgenommen: „Es ist emotional ein unangenehmes Gefühl. Man bekommt schon Angst.“

„Hat es da nicht gefilmte Vorversuche – Proben gegeben?.“, fragt Preissner zur Vorgeschichte der Versuche im Polizeirevier Dessau. Der Zeuge gibt an, dass es zwei solche Nachstellungsproben gegeben habe, um die Abläufe zu klären. Allerdings seien dabei noch keine Feuerzeuge zum Einsatz gekommen.

„Hätte der Versuch nicht erbracht, dass es möglich gewesen wäre, hätten wir uns ernsthaft die Frage stellen müssen: `Gab es da ein Tun Dritter?`“

Nebenklagevertreterin Regina Götz hat zunächst einige Fragen zum Bewegungsversuch am 22. Februar 2005. „Wir hatten damals keine gesicherten Erkenntnisse, wie breit, wie lang und wie hoch die Matratze tatsächlich war.“, gibt der Zeuge zu Protokoll. Sie hätten einfach eine Matte genommen, die im Polizeirevier Dessau vorrätig gewesen sei bzw. auf die Beschaffung durch das Technische Polizeiamt gewartet. „Wir versuchen sachlich zu klären, was bisher bekannt war.“, antwortet der Zeuge auf die Frage, ob er und seine Kollegen bei der konkreten Umsetzung der Versuche von einer bestimmten Hypothese ausgegangen seien. Schließlich präzisiert Fa.: „Hätte der Versuch nicht erbracht, dass es möglich gewesen wäre (im fixierten Zustand ein Feuerzeug aus der Hose zu holen und damit die Matratze in Brand zu setzen; Anm. d. Red.), hätten wir uns ernsthaft die Frage stellen müssen: `Gab es da ein Tun Dritter?`“.

„Ich möchte mich damit nicht belasten.“

Konkrete Angaben dazu, ob sich die Schlüssel für die Hand- und Fußfesseln an dem Bund befanden hätten, dass im DGL-Bereich deponiert sei, könne er nicht machen. Auf Nachfrage bestätigt Fa. zudem, dass der Bewegungsversuch in der letzten Woche „mehrere Minuten“ gedauert habe.  Regina Götz möchte vom Zeugen wissen, ob er den Prozessverlauf intensiv verfolgt habe. Ingo Fa. sagt aus: „Ich habe nicht einen Artikel von denen gelesen, die im Internet veröffentlicht wurden.“  Er wolle sich dadurch nicht beeinflussen lassen. Fa. weiter dazu: „Ich möchte mich damit nicht belasten.“

Nebenklagevertreter Felix Isensee erfährt vom Zeugen, dass sie beim Versuch mit der Matratze nur eine raumseitige Beschädigung der Matte mit dem Feuerzeug durchgeführt hätten. Im Bereich der Matratze, die zur Zellenwand zeige, habe es einen solchen Test nicht gegeben. Man habe auch deshalb nicht auf verschiedenen Stellen der Matratze getestet weil zum damaligen Zeitpunkt nicht klar gewesen sei, wo genau der Brand ausgebrochen wäre. Es wäre ausschließlich darum gegangen in Erfahrung zu bringen, ob die Matratze im fixierten Zustand mit einem Feuerzeug überhaupt zu entzünden gewesen wäre.

„Gegenstand des Versuches war, festzustellen, welche Zeit generell verbraucht wurde.“

Rechtsanwalt Attila Teuchtler, der den Hauptangeklagten Andreas S. vertritt, will vom Zeugen wissen, ob er zum Zeitpunkt des Zeitmessversuches schon gewusst habe, wie die möglichen chronologischen Abläufe denn überhaupt gewesen wären. „Gegenstand des Versuches war, festzustellen, welche Zeit generell verbraucht wurde.“, so der Zeuge. Außerdem gibt er auf Nachfrage an, dass in den Versuchen Telefonate  und andere etwaige Amtshandlungen zeitlich nicht berücksichtigt worden seien. „Wir haben festgestellt, dass diese Brandmeldeanlage einen  unangenehmen Ton im Raum verbreitet.“ so der Beamte weiter.  Deshalb habe man sich im Versuchsablauf entschieden, zeitlich einen kurzen Gang zum Schaltpult aufzunehmen. „Sie haben also nicht in Betracht gezogen, dass man auch sprechen muss?“, fragt Teuchtler weiter und zielt darauf ab, warum im Zeitmessversuch das etwaige Ansprechen eines Kollegen nur „eine Sekunde“ in Anspruch nehme. „Für mich ist das eine Handlung. Ansprechen und gleich weitergehen.“, begründet Fa. „Die Art der Zündung des Feuerzeuges war völlig unerheblich.“, so der Stendaler Beamte auf die Frage, warum nicht ein Fabrikat mit Feuersteinrad zur Anwendung kam. „Wir konnten nur sagen, dass ein Feuerzeug im Brandschutt gefunden wurde.“, entgegnet der Befragte. Ebenso hätten sie keine Hinweise gehabt, ob das Feuerzeug möglicherweise in der Unterhose versteckt gewesen sei. Man habe nur alle denkbaren Szenarien durchspielen wollen.

Nach der Pause 11.15 Uhr erfolgt die Vorführung des zweiten Videos des Bewegungsversuches, der am 30. September 2008 in der nachgebauten Zelle im Feuerwehrinstitut Heyrothsberge nachgestellt wurde. Auf drei bis vier Minuten Filmmaterial ist eine männliche Person zusehen, die an allen vier Gliedmaßen fixiert, auf Anweisung versucht sich aufzurichten und sich anschließend wieder auf die Matratze fallen lässt. Dies wiederholt die Versuchsperson mehrfach, in unterschiedlichen Abständen zur Wand. Auf Anweisung Richter Steinhoffs fährt die Versuchsperson die fixierte rechte Hand in die Tasche seiner Jeanshose.

Zum Versuchsaufbau gibt Richter Steinhoff zu Protokoll, dass die Matratze bündig raumseitig auf dem Podest gelegen habe, demzufolge sei zwischen Wand und Matratze noch etwa eine Hand breit Platz gewesen. Die Matratze habe 200 mal 90 cm gemessen, eine 200 mal 100 cm große Matratze, wie es der Originalen entsprochen hätte, sei nicht mehr zu bekommen gewesen.

„In Sachsen-Anhalt verfolgen nicht nur Polizeibeamte und Bürgerinnen und Bürger diesen Fall, sondern auch Feuerwehrleute.“

Der Zeuge führt aus, dass als Versuchsperson explizit kein Polizeibeamter ausgewählt worden sei, sondern ein Feuerwehrmann, der der Körperstatur Oury Jallohs ähnlich sei. Dieser sei über den Versuch und die Hintergründe in Kenntnis gesetzt worden, er kannte den Fall bereits aus der Presse. „In Sachsen-Anhalt verfolgen nicht nur Polizeibeamte und Bürgerinnen und Bürger diesen Fall, sondern auch Feuerwehrleute.“, „Nach dem letzten und diesem Jahr ist der Fall landesweit und bundesweit bekannt.“, so der Kriminalhauptmeister Fa. .

„Er hat weder Akten gesehen noch Bildmaterial.“

Der Zeuge habe eine außenstehende Person für den Versuch auswählen wollen, um einen sachlichen und unabhängigen Versuchsablauf zu gewährleisten. Im persönlichem Gespräch habe Fa. die Versuchsperson von der Teilnahme am Versuch überzeugt: „Er hat weder Akten gesehen noch Bildmaterial.“, gibt der Zeuge an und verneint die Frage, ob dieser bereits zuvor gewusst hätte, wie der Leichnam Oury Jallohs gelegen habe . Richter Steinhoff habe dem Feuerwehrmann vor Ort angewiesen, wie er zu liegen habe: „Den Versuch hat der Herr Steinhoff geleitet.“, so der Zeuge weiter.

„Ja, dann ist das so. In diesem Verfahren ist vieles dumm gelaufen.“

Anschließend entstand ein  kurzer Streit zwischen der Kammer und den Nebenklägerinnen. Felix Isensee kritisierte, dass der Versuch, an dem alle Prozessbeteiligten hätten teilnehmen können, für am 30. September 2008, 10.00 Uhr angekündigt war aber bereits 9.30 Uhr begonnen worden sei. Der Brandsachverständige Steinbach hätte wohl noch darauf hingewiesen und auch Oberstaatsanwalt Christian Preissner habe sich gewundert, dass, bei seinem Eintreffen 10.00 Uhr, der Versuch bereits abgeschlossen gewesen sei. Für Preissner sei der Versuch sogleich nochmal wiederholt worden, als die Nebenkläger leicht verspätet 10.10 Uhr eintrafen, seien die anderen Prozessbeteiligten bereits abgefahren gewesen.  „Dumm gelaufen“, kommentiert Felix Isensee diesen Ablauf. „Ja, dann ist das so. In diesem Verfahren ist vieles dumm gelaufen.“, antwortet Richter Steinhoff darauf.

Verteidiger Atilla Teuchtler hakt beim Zeugen nach, um mehr über die Auswahlkriterien der Versuchsperson zu erfahren, ob neben Statur und Körpergröße auch andere Proportionen, wie beispielsweise die Armlänge eine Rolle gespielt hätten. Manche Menschen hätten ja auch längere Arme, mutmaßt der Verteidiger des Hauptangeklagten Andreas S. . Der Zeuge Fa. verneint die Frage.

Auf eine entsprechende Frage Teuchtlers antwortet der Vorsitzende Steinhoff, dass bei dem Versuch die Lageposition des Verstorbenen insofern berücksichtigt worden sei, dass mittels Bildakten die Beckenposition verglichen und korrigiert wurde. Auffälligkeiten, wie lange Arme, seien sowohl bei Oury Jalloh, wie auch bei der Versuchsperson nicht festzustellen gewesen, stellt Steinhoff klar.

Nach Versuchen bezüglich der Geräuschkulisse im DGL-Bereich gefragt, antwortet Richter Steinhoff, dass auch ein Kettenrasseln über die Wechselsprechanlage im DGL-Bereich wie ein Plätschern wahrzunehmen sei. Der Zeuge ergänzt dazu, dass bereits verschieden Geräuschversuche gemacht wurden und diese auch auf Band dokumentierten worden seien. Atilla Teuchtler möchte auf diesen Komplex weiter eingehen, Nebenkläger Isensee sowie der Vorsitzende Steinhoff sind dagegen. Sie wollen den Zeugen dazu noch einmal vorladen, damit alle Prozessbeteiligten sich ausreichend darauf vorbereiten können.

Am morgigen Tag kündigt Steinhoff die Planung weiterer Prozesstermine an und fordert alle Beteiligten auf, ihre Terminplaner mitzubringen.

Prozessbeobachtergruppe: http://www.prozessouryjalloh.de